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Wärmerückgewinnung – der stille Held auf dem Weg zu Netto-Null

Effizienz ist und bleibt der Schlüssel in einer sich schnell verändernden Welt

Tim Kraemer, Leiter Geschäftsentwicklung Dampf GESTRA

4 Minuten Lesedauer

Im Laufe dieses Jahres stehen Unternehmen und Gesellschaft vor vielen Herausforderungen und Unsicherheiten. Die Energiemärkte bleiben weiterhin instabil und der anhaltende Krieg in der Ukraine hat deutliche Auswirkungen auf die Energiesicherheit in der ganzen Welt. Die Auswirkungen des Klimawandels machen sich bereits immer häufiger in Form von Naturkatastrophen bemerkbar. 

Sicher ist, dass wir uns auf Innovation fokussieren und handeln müssen, um unser globales Ziel der Klimaneutralität (Netto-Null) zu erreichen. Hier sind die Unternehmen wegbereitend, die erkennen, dass es immer mehr zu tun gibt, dass uns aber gleichzeitig immer weniger Zeit bleibt, diese Ziele zu erreichen.

Genau wie sie beginnen auch die Regierungen, sich den bevorstehenden Herausforderungen zu stellen. In diesem Jahr tritt in Deutschland das EEG 2023 in Kraft (eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes1). Dieses neue Energiegesetz schreibt vor, dass bis 2030 80 % des Stromverbrauchs des Landes aus erneuerbaren Energien stammen und die Stromerzeugung bis 2035 nahezu frei von Treibhausgasen (THG) sein soll.

Auch ein neues Energieeffizienzgesetz (EEffG) wird derzeit im Bundestag diskutiert2. Im Falle seiner Verabschiedung wären Unternehmen, die mehr als 10 Gigawattstunden (GWh) Energie pro Jahr verbrauchen, verpflichtet, Energiemanagementsysteme einzuführen. Auch kleinere Unternehmen mit einem Verbrauch von 2,5 GWh müssten Energieaudits durchführen, während alle Unternehmen entweder Abwärme in ihren Produktionsprozessen vermeiden oder diese selbst nutzen müssen, sofern dies wirtschaftlich machbar ist.

Nicht nur in Deutschland gilt Effizienz als entscheidend für eine mögliche Netto-Null-Zukunft. Im vergangenen September veröffentlichte die US-Regierung unter Biden-Harris ihren Fahrplan für die industrielle Dekarbonisierung (Industrial Decarbonization Roadmap). Genau wie in Deutschland entfallen auch in den USA rund 30 Prozent des industriellen Prozesswärmebedarfs auf die Dampferzeugung.

energy efficiency is a foundational crosscutting decarbonization strategy, and it remains the most cost-effective option for near term GHG emissions reductions
Industrial Decarbonization Roadmap, U.S. Department of Energy

Die Tatsache, dass die größten Treibhausgasemittenten der Welt – China, die USA und die EU – Energieeffizienz als Schlüsselfaktor für das Erreichen der Klimaneutralität betrachten, ist ein äußerst positives Zeichen. Es ist zwar nur ein Schritt auf dieser Reise, aber dennoch ein weiterhin entscheidend für den Fortschritt.

Mit dem Näherrücken der Fristen für die Eindämmung des Klimawandels werden zweifellos auch andere Maßnahmen zunehmend ins Spiel kommen. Die Elektrifizierung von Prozessen mit Hilfe erneuerbarer Energien und die Verwendung von Wasserstoff als Brennstoff und Ausgangsmaterial werden eine wichtige Rolle spielen, doch diese Entwicklung wird Zeit brauchen. Wir müssen mit weniger mehr erreichen, und genau dies ist die Definition von Energieeffizienz. So können wir den Wandel beschleunigen, während wir auf die Entwicklung neuer Technologien warten.

Energieeffizienz in der Praxis: Wärmerückgewinnung im Kesselhaus

Der größte Vorteil bei der Fokussierung auf effiziente Energienutzung besteht darin, dass man sofort handeln kann, ohne größere infrastrukturelle Veränderungen vornehmen zu müssen. Die Argumente für das Verbessern der Effizienz von Dampfanlagen liegen auf der Hand: Dampf ist nach wie vor für viele Prozesse von entscheidender Bedeutung und der wichtigsten Energieverbraucher im industriellen Sektor. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass viele Unternehmen nicht wissen, wie sie ihre Dampferzeugung effizienter machen können.

Ungeachtet dessen, welchen Brennstoff Sie derzeit verwenden, entsteht Dampf höchstwahrscheinlich durch einen Kessel. Bei allen Heizkesseln findet im Rahmen ihres normalen Betriebs ständig eine Verdampfung statt. Dies erhöht allmählich die Anzahl der gelösten Feststoffe im Kessel, die wiederum eingedämmt werden müssen, um Schäden am Kessel und an den verbundenen Dampfanlagen zu vermeiden.

Üblicherweise geschieht dies durch die sogenannte Kesselabschlammung. Diese wird in zwei Kategorien unterteilt: Bodenabschlammung (auch als periodische Abschlammung bezeichnet) und kontinuierliche Abschlammung. Beide Methoden entfernen unerwünschte Ablagerungen durch ein Durchblasen des Kessels. Dabei werden Wärme und Wasser freigesetzt. Wird dies nur als isolierter Wartungsvorgang betrachtet und nicht versucht, die dabei entstehende Wärme und das Wasser zurückzugewinnen, geht viel wertvolle Energie verloren.

Doch gerade die größeren Mengen an Energie, die bei einer kontinuierlichen Abschlammung anfallen, können aufgefangen und genutzt werden. Zweifelsohne hängt das Rückgewinnungs- und Energieeinsparungspotenzial von der spezifischen Beschaffenheit der Dampfanlage ab, aber selbst ein einfacher Wärmerückgewinnungskreislauf kann sich innerhalb weniger Monate amortisieren.

Durch das Entwickeln komplexerer Kreisläufe (wie in der nachstehenden Abbildung) oder die Verwendung von Flash-Dampf und Abschlammwärme zum Aufheizen und Entlüften des Speisewassers lassen sich bereits mit geringen Investitionen jährlich Zehntausende von Euro einsparen.

Schematische Darstellung einer Abschlammungsanlage mit Auffangbehälter

Schematic diagram of a blowdown flash installation with blowdown receiver

Entdecken Sie, wie die Wärmerückgewinnung den Weg zu Netto-Null erleichtert

Wärmerückgewinnung kann 15 % des Energieverbrauchs einsparen

In Anbetracht der Tatsache, dass die durchschnittliche Lebensdauer eines Dampfkessels zwischen 20 und 30 Jahren liegt, ist die Maximierung seiner Wirtschaftlichkeit durch die Rückgewinnung von Wärme aus der Kesselabschlammung sowohl sinnvoll als auch kosteneffizient. Der nächste logische Schritt ist zweifelsohne die Analyse der gesamten Anlage und die Optimierung der Kondensatrückgewinnung, der Wärmedämmung und anderer Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) schätzt, dass der Energieverbrauch für die Dampf- und Heißwassererzeugung durch den Einsatz von Wärmerückgewinnung um durchschnittlich 15 Prozent gesenkt werden kann.

Mit der Entwicklung neuer Technologien werden sich zukünftig weitere Lösungen realisieren lassen. Vielleicht bietet sich in einigen Jahren die Möglichkeit, Ihre Heizkessel so umzurüsten, dass sie mit erneuerbarer Energie Dampf erzeugen. Um ihren reibungslosen Betrieb zu gewährleisten, wird das Abschlammen der Kessel jedoch weiterhin erforderlich sein. Damit bleibt auch die Wärmerückgewinnung ein wichtiger Faktor für die Effizienz und Nachhaltigkeit.

Es macht also wirtschaftlich absolut Sinn, Heizkessel möglichst effizient zu betreiben. Als größte Wirtschaftsnation in Europa und größter Treibhausgasemittent ist Deutschland für eine Vorreiterrolle prädestiniert. Unsere Erfolgsbilanz in Sachen Innovation und Technik ist weltweit bekannt. Wir verändern und verbessern unsere Prozesse kontinuierlich und haben uns als führender Anbieter von Lösungen zur Eindämmung des Klimawandels etabliert.

GESTRA verbessert seit über 120 Jahren die Leistung und Effizienz von Dampfanlagen. Wir helfen Ihnen, Dampf auch in der Zukunft wirtschaftlich zu nutzen und unterstützen Ihr Unternehmen bei der Energiewende.

¹: Ausbau erneuerbarer Energien | Bundesregierung (bundesregierung.de)
²: Laufende EU-Verhandlungen und Deutschlands neues Energieeffizienzgesetz – EURACTIV.com